Gemeinsame Erklärung der Fachverbände

Fachverband Moderne Fremdsprachen in Niedersachsen

Niedersächsischer Altphilologenverband

Am 27. Juni 2025 hat das Niedersächsische Kultusministerium die schulfachlichen Eckpunkte zur Neugestaltung der Einführungsphase der gymnasialen Oberstufe mit der Versendung an alle Gymnasien und Gesamtschulen veröffentlicht.

Die in diesem Eckpunktepapier geplante Stundentafel sieht unter den verpflichtend zu belegenden Fächern - „Pflichtbereich“ mit 14 und „Wahlpflichtbereich I“ mit 10 Wochenstunden - nur eine fortgeführte Fremdsprache vor. Hier wird Englisch dominieren, weil die Schulen die in Jahrgang 11 belegte Fremdsprache auch für die Jahrgänge 12 und 13 garantieren müssen. Somit ist sehr ernsthaft zu befürchten, dass an den allermeisten niedersächsischen Gymnasien in der Sekundarstufe II Französisch, Latein und Spanisch aus schulorganisatorischen Gründen nicht mehr als fortgeführte Fremdsprache angeboten werden könnte.

Im Wahlbereich I wäre eine Fremdsprache gar nicht wählbar – das vom Kultusministerium traditionell als sprachlich-literarisch-künstlerisch definierte Aufgabenfeld A wird im Eckpunktepapier auf die Fächer Musik, Kunst, Darstellendes Spiel reduziert. Die Belegung einer zweiten Fremdsprache in der Sekundarstufe II wäre nur noch im Wahlpflichtbereich II möglich. Da Niedersachsen plant, die Zahl der Pflichtfächer zu reduzieren, würden die zweiten Fremdsprachen künftig nur noch im optionalen Bereich rangieren und eine dritte wäre nicht mehr vorgesehen. In der derzeitigen Verordnung haben zwei Fremdsprachen generell den Rang von Hauptfächern des Pflichtbereiches. Eine dritte Fremdsprache kann entsprechend der Anwahlzahlen an den Schulen neu begonnen oder fortgeführt werden.

Derzeit ist die Fortführung ihrer zweiten Fremdsprache in Jahrgang 11 den Schülern garantiert (gemäß VO-GO 8.3.1). Nach den neuen Planungen könnten aber die zweiten Fremdsprachen nur dann fortgeführt werden, wenn die Anwahlzahlen und das schulische Angebot dies ermöglichen. Eine Schwerpunktsetzung im sprachlichen Bereich ist im Eckpunktepapier gar nicht mehr vorgesehen – im Widerspruch auch zum betonten Anspruch, die geplante Neuordnung orientiere sich „an den Bedarfen der Schülerinnen und Schüler“, um ihnen „Flexibilität und Wahlmöglichkeiten“ zu ermöglichen, was auch für sprachlich Interessierte gelten muss. Lediglich Schüler, die in der Mittelstufe keine zweite Fremdsprache erlernt haben und sie daher vierstündig als Abiturvoraussetzung benötigen, könnten diese neu beginnend erlernen.

Im Wahlbereich II wären für Fremdsprachen maximal 3 bzw. 4 Wochenstunden vorgesehen. Das benachteiligt alle Lernenden, die z.B. aufbauend auf Spanisch/Französisch als dritte Fremdsprache zusätzlich Latein anwählen möchten, oder andersherum auf der Basis von Latein eine moderne Fremdsprache erlernen wollen, die oft als Studienvoraussetzung verlangt wird. Die Fremdsprachen sind somit in der Entwurfsfassung gegenüber den anderen Fächern sehr massiv benachteiligt.

Wir stellen fest: In einer zukünftigen Stundentafel für den Jahrgang 11 müssen die weiteren (zweite und mögliche dritte) Fremdsprachen notwendigerweise mit bis zu 6 bzw. 7 Wochenstunden (wenn eine davon neu begonnen wird) rechtsverbindlich verankert sein. Die Möglichkeit zur Belegung zweier weiterer Fremdsprachen ist auch erforderlich, um z.B. die durch die Kultusministerkonferenz geregelten Abschlüsse „Latinum“ und „Graecum“ erwerben zu können. Vergleichbares gilt für die GER-Niveaustufen in den modernen Fremdsprachen.

Die von der Kultusministerkonferenz verabschiedete „Vereinbarung zur Gestaltung der gymnasialen Oberstufe und der Abiturprüfung“ formuliert als Mindeststandard unter Punkt 7.3, dass in der Einführungsphase grundsätzlich zwei Fremdsprachen zu belegen sind. Als Ausnahme ist lediglich formuliert, dass eine weitere Fremdsprache entfallen kann, wenn man vor Eintritt in die gymnasiale Oberstufe eine zweite Fremdsprache mindestens vier Jahre erlernt hat. Die niedersächsischen Planungen sehen nun vor, die bei der KMK als Ausnahme formulierte Variante, mit nur einer Fremdsprache die Sekundarstufe II zu durchlaufen, zum Regelfall zu erklären.

Niedersächsische Schüler würden mit dieser Neufassung in ihrer Studierfähigkeit stark benachteiligt:  in ihren Möglichkeiten zum Studium im europäischen Ausland, der Rezeption fremdsprachiger Forschungsansätze und in der Entwicklung ihrer bildungssprachlichen Kompetenzen.

Eine engagierte Spanisch- und Französischkollegin hat in dieser Sache folgende Petition, die wir für unterstützenswert erachten, auf den Weg gebracht:

openpetition.de/!pclhm