vertreterversammlung 2019 zettel

Bei der Vertreterversammlung des NAV am 22. März 2019 in Hannover in einem der Containerklassenräume des Kaiser-Wilhelm-und-Ratsgymnasiums wurde ein neuer geschäftsführender Vorstand gewählt. Neue Vorsitzende des NAV ist Dr. Katja Sommer, die an der Helene-Lange-Schule in Hannover Latein und Geschichte unterrichtet. Zu Stellvertretern gewählt wurden Michaela Lantieri, die - ebenfalls an der HLS - die Fächer Latein, Deutsch, Philosophie sowie Werte und Normen unterrichtet, und Christian Löhr von der Wilhelm-Raabe-Schule in Hannover mit der Fächerkombination Latein und Geschichte.

Ganz herzlicher Dank ging an den bisherigen Vorsitzenden, Stefan Gieseke vom Kaiser-Wilhelm-und-Ratsgymnasium in Hannover, für seinen unermüdlichen Einsatz für die Alten Sprachen - von der Erstellung umfangreicher Werbematerialien, besonders auch für das Fach Griechisch, über viele Gespräche, um den altsprachlichen Fächern den ihnen gebührenden Stellenwert im Bewusstsein von Politik und Verwaltung zu sichern, bis hin zur Öffentlichkeitsarbeit über Interviews, seine Reden bei Verbandstagen und RAC-Preisverleihungen, und der Abstimmung des Vorgehens gemeinsam mit anderen Sprachenverbänden, wie bei der gemeinsamen Presseerklärung der Fremdsprachenverbände zu VO-GO § 8.3, etc. etc. Immerhin bleibt sein Elan beim Einsatz für die Alten Sprachen dem Verband erhalten, indem Stefan Gieseke weiterhin als Bezirksvertreter von Hannover tätig sein wird!

Ganz herzlicher Dank ging auch an die bisherige Stellvertreterin Anna Charlotte Vehling von der Sophienschule in Hannover, für ihren ebenfalls großartigen Einsatz für die Alten Sprachen in der Verbandsarbeit der vergangenen vier Jahre - besonders hervorgehoben seien ihre Werbematerialien für Lateinwerbung an Elternabenden sowie der Lateinentdeckertag für Viertklässler im Museum August Kestner, den sie in diesem Jahr bereits zum dritten Mal organisiert (30.April) - und den sie hoffentlich noch viele Jahre weiterführen wird!

Inhaltlich hat sich die diesjährige Vertreterversammlung vor allem mit der Stellung der Alten Sprachen in der Oberstufe beschäftigt.

In einem Schreiben an die Schulleiter der Gymnasien waren diese gebeten worden, für das kommende Schuljahr auch kleine Kurse in den Alten Sprachen zuzulassen, da diese ja dann im darauffolgenden Schuljahr als jahrgangsübergreifende Kurse weitergeführt werden können.

Außerdem sei noch einmal ausdrücklich darauf verwiesen, dass Grund- und Leistungskurse jetzt nicht nur kombiniert werden dürfen, sondern dass die neuen Oberstufen-KC für die Alten Sprachen extra so konzipiert worden sind, dass sie diese Kombination, wie auch den Jahrgangsübergriff, problemlos ermöglichen, um für die niedersächsischen Schülerinnen und Schüler überall die Möglichkeit zu sichern, möglichst an ihrer eigenen Schule und damit zu „vernünftigen“ Zeiten im Stundenplan, die Alten Sprachen auf beiden Niveaustufen zu belegen!

Bezüglich der Fremdsprachenverpflichtung im Jahrgang 11 wenden laut der Angabe des Kultusministeriums 25 % der Gymnasien den VO-GO § 8.3 an, weichen also die grundsätzliche Verpflichtung zur Belegung von mindestens zwei Fremdsprachen in der Einführungsphase auf, indem sie Schülerinnen und Schülern bei Belegung von zwei Wahlpflichtfächern die Möglichkeit anbieten, die letzten drei Jahre vor dem Abitur nur noch eine Fremdsprache zu belegen.

Ob dies hinsichtlich der Grundlagen allgemeiner Studierfähigkeit als verantwortungsvoller Umgang mit der Zukunft der Schülerinnen und Schüler angesehen werden kann, dürfte wohl die weitere Entwicklung der Studienabbrecherquote zeigen, die derzeit bereits bei 43 % liegt, wobei besonders mangelnde Sprachkompetenz der Studierenden allenthalben beklagt wird.

Dabei geht es nur in zweiter Linie um Fremdsprachenkompetenz, wenn besonders für ein Studium im geisteswissenschaftlichen Bereich das Beherrschen mehrerer Fremdsprachen zum Zeitpunkt des Studienbeginns eigentlich vorausgesetzt wird, aber in erster Linie um allgemeines Sprachverständnis und Begriffskenntnis im Deutschen, eine Sprachkompetenz, die nicht erst seit Humboldt als wesentliches Produkt altsprachlicher Bildung angesehen wurde, erworben durch Übersetzungsarbeit und Wortschatzerweiterung, da für Studiengänge aller Fachrichtungen eine umfassende Sprachbildung erforderlich ist, welche die angemessene Beschreibung und Analyse komplexer Phänomene ermöglicht, die Verfügung über das Register der Bildungssprache konstituiert sowie die Basis zum Verstehen umfangreicher wissenschaftlicher Termini bietet.

Falls Sie an Ihrer Schule gerade die Debatte um eine eventuelle Einführung von derartigen Wahlpflichtangeboten führen, sollen die auf dieser Homepage unter der Rubrik Aktuell -> Themen -> Verbandsarbeit gesammelten Argumentationshilfen bitte genutzt werden!

Aus Rückmeldungen von Gymnasien mit bereits eingerichteten Wahlpflichtkursen ist zu entnehmen, dass sich der Schaden für Latein dann in Grenzen hält, wenn es nur ein Alternativangebot gibt, also nur eine Lerngruppe ohne zweite Fremdsprache eingerichtet wird - häufig handelt es sich hierbei dann um ein naturwissenschaftliches Angebot, manchmal aber auch um ein musisch-künstlerisches.

Darüberhinaus konnte festgestellt werden, dass Kinder aus bildungsnahen Elternhäusern ihre beiden Fremdsprachen eher behalten, während auch leistungsstarke Kinder aus bildungsferneren Elternhäusern, weil die Wahlpflichtangebote, gerade auch, wenn es mehrere gibt, ihnen als unmittelbar berufsvorbereitender erscheinen, so dass sie darauf verzichten, ihr sprachliches Potential auf Oberstufenniveau entsprechend zu entwickeln, wodurch sich dann die Korrelation zwischen Bildungsniveau des Elternhauses und Studierfähigkeit der Kinder wieder verstärken dürfte...

Die Vertreterversammlung beauftragte den Vorstand, gegenüber den Repräsentanten der Politik darauf zu dringen, dass die im Koalitionsvertrag vorgesehene Evaluation dieser Oberstufen-Verordnung auch in der gebotenen Ernsthaftigkeit durchgeführt werde, und sich für eine Wiederabschaffung des § 8.3 einzusetzen. Eine Beeinträchtigung der Alten Sprachen sowie überhaupt der zweiten und dritten Fremdsprachen entsteht auch dadurch, dass die meisten Schulen, die den § 8.3 anwenden, den Schülerinnen und Schülern die ihnen eigentlich zustehende Wahlfreiheit, welche ihrer Fremdsprachen sie behalten wollen, unter dem Vorwand schulorganisatorischer Zwänge vorenthalten. Hier wäre eine rechtliche Klärung wünschenswert, die in Kooperation mit den anderen Fremdsprachenverbänden durchgeführt werden könnte.